Zum Inhalt springen

Steinmeier und die Nabelschau

Der Blätterwald rauscht. Ausnahmsweise sieht Paul Ronzheimer von der Bildzeitung es richtig, wenn er Diplomaten zitiert : „Wir kennen hier alle Steinmeiers enge Beziehungen nach Russland, die auch von der Steinmeier-Formel geprägt waren. Er ist momentan nicht in Kiew willkommen.“

Mögen sich viele Deutsche dadurch brüskiert sehen, so wäre es aus ukrainischer Sicht derzeit das falsche Signal ausgerechnet Steinmeier nach Kiyv kommen zu lassen. https://www.dw.com/de/steinmeier-formel-sprengkraft-für-die-ukraine/a-50679595 „Steinmeier-Formel – Sprengkraft für die Ukraine“ titelte die deutsche Welle.

Steinmeier ist der Name schlechthin, der mit einer Legitimation des Bruches des Völkerrechtes durch Russland in der Ukraine verbunden wird. Und dieser Bruch des Völkerrechts ist ja noch nicht vom Tisch. Die Souveränität der Ukraine ist nicht vollständig wiederhergestellt. Damit auch Teile wie das Saarland sich frei für Deutschland entscheiden konnten, war es definitiv erforderlich, dass eine solche Abstimmung frei erfolgen kann. Ebenso wäre das die Bedingung für Lugansk, Donetzk und die Krim. Eine Neuordnung von Staatsgebieten könnte nur in vollständiger Freiheit erfolgen.

Ein Unding ist es, erst den Staat zu überfallen und dann bestimmt der Täter die Regeln. Steinmeier tat nichts weniger als dem Überfall im Nachhinein Legitimation zu erteilen. Moskau jubelte natürlich über diesen Vorschlag. Die Ukraine hat das aber nicht vergessen.  Weil dieser Name nun mit diesem Vorschlag verbunden ist, gibt es keinen Grund für die Ukraine im derzeitigen Kriegszustand diesen Namensträger willkommen zu heißen. Zunächst verlangt die Ukraine die vollständige Wiederherstellung seiner Souveränität und ist dann bereit in den umstrittenen Gebieten eine Volksabstimmung abzuhalten.

Die Steinmeier-Formel wird auch heutzutage immer wieder in den Ring geworfen. Diese ignoriert die vollständige Souveränität der Ukraine. Letztlich kann diese diplomatische Initiative Steinmeiers als damaliger Außenminister auch so betrachtet werden, dass sie die Grundlage für den derzeitigen Krieg darstellen. Selbst wenn alle deutschen Kolumnisten es als töricht und unklug betrachten, ist es aus ukrainischer Perspektive nur allzu verständlich, dieses Signal nicht setzen zu wollen. Ja es wäre für spätere Verhandlungen auf diplomatischen Wege sogar kontraproduktiv, weil es das Signal setzen würde, dass die Ukraine bereit wäre auf die Wiederherstellung der vollständigen Souveränität zu verzichten.

Selbst wenn sich Steinmeier für seine Ostpolitik entschuldigt hat, ändert das an diesen Tatsachen nichts. Sein Name ist nunmal damit verknüpft, die Souveränität der Ukraine nicht vollständig zu akzeptieren. Aus ukrainischer Sicht ist das im Grund inakzeptabel. Da hilft es auch nichts wenn die Deutschen sich dadurch brüskiert sehen, dass die Ukrainer das so sehen.

Da die Deutschen sich in der Unterstützung der Ukraine jetzt schon seit über 8 Jahren eher zögerlich zeigen, ist diese Brüskierung für die Ukraine jetzt auch nicht das große Problem. Panzerlieferungen wurden von den Deutschen ebenso geblockt wie die Liefrung der MIG-29 zu denen Polen bereit gewesen wäre. Deutschland nimmt eine zögerliche und blockierende Haltung in der Unterstützung der Ukraine ein. Selbst wenn Teile der Bevölkerung sich mehr Unterstützung der Ukraine möglicherweise wünschen würden, ist letztlich doch die Handlung der Regierung entscheidend.

Wenn Annalena Baerbock einen Vorstoß zur Lieferung schwerer Waffen nach dem Treffen der EU-Außenminister macht und Olaf Scholz direkt danach diese Aussage wieder einfängt, dann ist doch mehr als offensichtlich, dass die Unterstützung Deutschlands nicht gegeben ist. Es mutet ja schon absurd an, dass Friedensforschungsinstitute, die normalerweise gegen Waffenlieferungen sind, in dem spezifischen Fall des Aggressors Russland auch Waffenlieferungen befürworten.

Aus ukrainischer Sicht macht es vollkommen Sinn Steinmeier derzeit nicht willkommen zu heißen. Vielleicht haben sie #Steinmeier auch nur sowas geantwortet, dass der Bundespräsident der BRD herzlich willkommen ist, wenn die Souveränität der Ukraine vollständig wiederhergestellt ist.

Übrigens ein Berater von Wolodymyr Selenskyj dementiert, dass der ukrainische Präsident ein Besuchsangebot von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ausgeschlagen habe. Das sagt Stabschef Serhij Leschtschenko in einem  Interview mit CNN.