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Vom Geist der Verfassung

Wie jeder aus Artikel 79 des Grundgesetzes von 1949 ersehen kann:
„Artikel 79
(1) Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt.

(2) Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.

(3) Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“

waren die Artikel Eins bis Zwanzig etwas besonderes. Sie waren die Grundsätze auf die der Staat sich gegen eine zukünftige Diktatur schützen wollte. Schauen wir uns mal die ersten 10 Artikel dieser besonderen Artikel an.

Ursprünglich verpflichtete die Verfassung die Verwaltung sich an die Menschenwürde in Artikel 1 des Grundgesetzes zu halten. Die Menschenwürde galt auch für die Verwaltung als unantastbar. 1956 wurde dies abgeschwächt und es wurde auf die vollziehende Gewalt korrigiert. Betrachtet man sich heute wie die Verwaltung der Jobcenter teilweise die Menschenwürde mit Füssen treten, dürfte das ein Fehler gewesen sein. Die Verwaltung redet sich darauf hinaus, dass sie ja nur Gesetze umsetzen würde und eben nur Verwaltungsakte nach Gesetz erlässt. Hierbei üben sie nicht direkt Gewalt aus. Sie sind ja nur Verwaltung.

Artikel 2 des Grundgesetzes wurde nicht angetastet, möglicherweise deswegen, weil es die Einschränkung per Gesetz von Haus aus zuließ, was aber auch notwendig war, da ein Strafgesetz unmöglich würde und ein Freiheitsentzug nicht angeordnet werden könnte, wenn dies dort nicht erwähnt worden wäre. Dennoch ist solange jeder nicht gegen die Freiheit des anderen verstösst, die Freiheit eines jeden Einzelnen samt der Entfaltung seiner Persönlichkeit gewährleistet.

Artikel 3 war in der ursprünglichen Form möglicherweise sogar schärfer als die scheinbaren Verbesserungen, die nachher eingeflossen sind. Die Gleichheit war gesetzt. Der Staat hatte diese Gleichheit einfach anzunehmen und selbstverständlich auch ohne Förderungsforderung im Zweifel zu fördern. Die Gleichheit vor dem Gesetz war auch für Behinderte gegeben, das war den Verfassungsvätern garantiert klar, da sie sich auch mit dem unwerten Leben des Nationalsozialissmus auseinandersetzten. Die Ergänzungen schwächen insofern ab. Sie betonen den Unterschied und nicht die Gleichheit vor dem Gesetz. Gut gemeint aber möglicherweise eben schlecht gemacht.

Artikel 5 blieb möglicherweise nur deswegen vor Änderungen verschont, weil auch er eine Einschränkung per Gesetz zuließ. Jugendschutz wäre aber anders auch nicht denkbar gewesen. Die Presse- und Meinungsfreiheit ist aber solange sie die Menschenwürde nicht verletzt und den Jugendschutz gewährleistet gegeben. Die Forschungsfreiheit ist im Rahmen der Verfassung gesetzt.

Artikel 6 ist auch hier der Eingriffe durch Gesetze vorgesehen und somit blieb auch hier möglicherweise deswegen der Artikel unangetastet. Die Familie ist nicht nur geschützt auch jedes Kind hat die gleichen Bedingungen zu erhalten. Das ein Drittel der Alleinerziehenden armutsgefährdet sind, ist danach verfassungswidrig.

Artikel 7 wurde vielleicht auch deswegen nicht angetastet, weil er die Staatsaufsicht über das gesamte Schulwesen vorsieht.

Artikel 8 sieht beim Demonstrationsrecht eine Einschränkung durch das Gesetz vor und hat möglicherweise deswegen keine Änderung erfahren.

Artikel 9 war bis 1968 ein harter Artikel, der ausser den Strafgesetzen keinerlei Einschränkung vorsah, im Ursprung lautete er:

„(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.
(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig.“

im Rahmen der Notstandsgesetze wurde dieser Artikel aufgeweicht, ebenso wie der Artikel 10, der auch keine Einschränkung durch Gesetz vorsah.
„Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.“

Wir können an den ersten zehn Artikel feststellen, dass die Verfassungsautoren und diejenigen die schließlich die Verfassung beschlossen haben, sehr wohl eine Einschränkung per Gesetz kannten und auch vorsahen. Bei gewissen Artikeln aber nicht allgemein Gesetze zuließen wie bei Artikel 9 explizit das Strafgesetz und damit andere Gesetze außenvorließen und im Artikel 10 einen einfachen Satz vorsahen, der keinerlei Einschränkung per Gesetz vorsah.

Im Geiste der Verfassung war das nicht vorgesehen. Artikel 79 besagt nun, dass die Berührung dieser Grundsätze unzulässig ist. Diese Unzulässigkeit bezog sich auf die ursprüngliche Fassung. Den ursprünglichen Autoren war wohl schon damals klar, dass eine Unabänderlichkeit nicht haltbar sein dürfte, aber der Geist der ersten 20 Artikel sollte auf alle Fälle gewahrt bleiben. Das bedeutet aber auch, dass das Post- und Fernmeldegeheimnis ein verdammt hohes unantastbares Gut gewesen sein muss.

Und was macht der Bundestag 22.6.2017? Er tritt mit dem Staatstrojaner den Geist der Verfassung so in den Hintern, dass man davon ausgehen muss, dass alle Bundestagsabgeordneten die dafür gestimmt haben, Verfassungsfeinde sind. Sie respektieren nicht die Verfassung und sind für die Diktatur. Sprich sie sind Diktatoren, die einen Diktator bejubeln würden.